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Universitätsklinikum Gießen-Marburg beteiligt sich an bundesweiter Aktionswoche der deutschen Hochschulmedizin

 „Wir leisten mehr“ - UKGM und Fachbereich Medizin werben für faire Finanzierung der Hochschulmedizin
Kampagne der deutschen Hochschulmedizin vom 10. bis 14. November – Leistungsfähigkeit und Sonderrolle stehen im Mittelpunkt – Beispiele aus Marburg: Notfallversorgung und seltene, unerkannte Krankheiten

Marburg, 13. November 2014. Die im Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) und im Medizinischen Fakultätentag (MFT) zusammengeschlossene Deutsche Hochschulmedizin will in dieser Woche auf ihre Sonderrolle im deutschen Gesundheitssystem aufmerksam machen und wirbt für eine faire und angemessene  Finanzierung ihrer medizinischen Aufgaben. Auch die Hochschulmedizin in Marburg beteiligt sich an dieser Kampagne und geht dieser Tag gezielt an die Öffentlichkeit und auf politische Verantwortungsträger im Bund, in Hessen und in der Region Mittelhessen zu, um auf die Leistungsfähigkeit der Hochschulmedizin und deren teilweise unzureichende Finanzierung aufmerksam zu machen.

Derzeit berät eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe aus Landes- und Bundespolitikern Eckpunkte einer Krankenhausreform. Das Gesetzgebungsverfahren im Deutschen Bundestag zu dieser Reform startet im kommenden Jahr. Ziel der VUD- und MFT-Kampagne ist es nun, Forderungen der Hochschulmedizin in diesen Diskussionsprozess einzubringen, um ergänzend zum vorherrschenden Fallpauschalensystem eine langfristige, solide und angemessene Finanzierung der medizinischen und pflegerischen Leistungen an Universitätskliniken für Patientinnen und Patienten zu gewährleisten. Der Titel der Kampagne, an der sich in Hessen neben Gießen und Marburg auch die Frankfurter Hochschulmedizin beteiligt, lautet: "Wir leisten mehr: Die Deutsche Hochschulmedizin".

Die Deutsche Hochschulmedizin steht national wie international für herausragende Leistungen und ist darüber hinaus durch folgende besondere Leistungsbereiche gekennzeichnet:

1. Hochschulambulanzen
2. Extremkostenfälle
3. Innovation
4. Facharztweiterbildung
5. Notfallversorgung
6. Seltene Erkrankungen
7. Interdisziplinäre Zentren
8. Aufgabenverbund von Krankenversorgung, Forschung und Lehre

Die Universitätsklinika belastet wie alle Krankenhäuser, dass die Kosten für Personal, Medikamente und Energie in jedem Jahr deutlich stärker steigen als die von den Krankenkassen gezahlten Entgelte. Zudem gehen die Investitionszuschüsse der Bundesländer immer weiter zurück. Das UKGM nimmt unter den Uniklinika aufgrund der im Jahr 2006 erfolgten Privatisierung der Patientenversorgung eine Sonderrolle ein und nimmt an den hessischen Landesförderprogrammen anders als alle anderen öffentlichen und privaten Kliniken nicht teil.

Im Vergleich zu anderen Krankenhäusern übernehmen Uniklinika zahlreiche weitere Sonderaufgaben für das Gesundheitswesen, ohne dafür eine ausreichende Vergütung zu erhalten:

Hochschulambulanzen

Nach dem Gesetz dienen die Hochschulambulanzen lediglich dazu, Krankheitsbilder und deren Therapien zu erforschen und angehende Ärzte auszubilden. Denn laut Sozialgesetzbuch sind allein die niedergelassenen Vertragsärzte für die ambulante Versorgung der Patienten zuständig. Doch das ist eine Fiktion: Insbesondere in der hochspezialisierten tertiären Ambulanzversorgung – also die spezielle ambulante Versorgung im Unterschied zur primärärztlichen Grundversorgung und zur grundständigen fachärztlichen Versorgung – werden viele Angebote nur oder überwiegend durch die Universitätsmedizin bereitgestellt. Aus medizinischer Sicht ist es jedoch generell notwendig, eine spezialisierte ambulante Versorgung bei allen fortschreitenden, die Lebenserwartung deutlich reduzierenden Erkrankungen vorzuhalten und zu gewährleisten. Diese aufwendige spezialisierte ambulante Versorgung muss angemessen vergütet werden.   Zum Beispiel ist es bei neurologischen Erkrankungen wie Morbus Huntington, Parkinson oder Demenzen wichtig, dass die Patienten schwerpunktmäßig von Ambulanzteams betreut werden, die umfassende Erfahrungen mit diesen Krankheitsbildern haben. Derzeit erhalten die Uniklinika für Patienten mit diesen und anderen schwerwiegenden Erkrankungen keine adäquate Vergütung. Ihrer spezialisierten ambulanten Leistungen.

Extremkostenfälle

Als Kliniken der Maximalversorgung und durch ihren universitären Status als höchste medizinische Versorgungsstufe übernehmen die Universitätsklinika Patienten mit besonders schwierigen und komplizierten Erkrankungen. Damit ist der Anteil an besonders teuren Behandlungen – den Extremkostenfällen – im Vergleich zu anderen Kliniken signifikant höher. Die hierbei zu erbringenden diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen sind extrem aufwendig und benötigen eine teure Infrastruktur. Zudem erfordert die Versorgung Schwerstkranker eine hohe Interdisziplinarität und geht zumeist mit einer überdurchschnittlich langen Verweildauer einher. Die entsprechenden Zusatzkosten werden über eine normale, als Mittelwertkalkulation festgesetzte DRG-Fallpauschale jedoch nicht immer ausreichend abgebildet. Das Risiko, dass aufgrund solcher Fälle Defizite entstehen, ist bei den Universitätsklinika überproportional hoch.

Innovationen

Medizinischer Fortschritt ist ohne den Aufgabenverbund von Forschung und Krankenversorgung  in der Hochschulmedizin nicht vorstellbar. In diesem Aufgabenverbund werden auch in der Hochschulmedizin Marburg  neue Methoden zur Erkennung und Behandlung von Krankheiten , Diagnostika und Medikamente entwickelt, erforscht, klinisch erprobt und erstmals angewandt.  In der Hochschulmedizin Marburg ist dies an vielen Stellen deutlich sichtbar, so u.a.  im Anneliese Pohl Comprehensive Cancer Center,  der klinischen Forschergruppe „Genetics of Drug Resistance in Cancer“, der Deutschen Parkinson Studiengruppe, in den Marburger Einrichtungen des Deutschen Zentrums für Lungenforschung und des UGMLC (Universities of Gießen and Marburg Lung Center), in der Beteiligung an EU-Forschungsverbünden wie dem Europäischen Pankreasnetzwerk, zukünftig auch dem Partikeltherapiezentrum. Auch die Forschung zu neuen Technologien und Versorgungskonzepten und die unab¬hängige klinisch-wissenschaftliche Evalu¬ierung von Wirksamkeit und Sicherheit neuer Therapien in kontrollierten Studien wären ohne die Hochschulmedizin nicht möglich.  Die Durchführung klinischer Studien nach international gültigen Qualitäts-Standards ist extrem aufwändig und wird in Marburg durch ein eigens dazu vom Fachbereich Medizin eingerichtetes Koordinierungszentrum für Klinische Studien gewährleistet.  Das erfolgreiche Einwerben von Drittmitteln aus nationalen und internationalen Unternehmen und Konzernen sowie aus öffentlich finanzierten Forschungsprojekten ist ein Nachweis für die Forschungsstärke der deutschen Hochschulmedizin. Dies gilt auch für die Hochschulmedizin Marburg

Weiterbildung

Auch die ärztliche Weiterbildung ist für die Universitätsklinika mit hohen finanziellen Belastungen verbunden: Berufsanfänger müssen erst noch die Erfahrungen und Kompetenzen erwerben, die die Fachärzte einbringen. Für die gleichen Leistungen in der Patientenversorgung werden daher oftmals mehr Zeit oder mehr Ärzte benötigt. Dadurch fällt in den Universitätskliniken ein zusätzlicher direkter Personalaufwand an. Zusätzlich muss auch für die erfahrenen Ober- und Fachärzte ein zusätzlicher Aufwand veranschlagt werden, weil diese sich um die Anleitung der Berufsanfänger kümmern. Dies ist zumeist dann einschlägig, wenn forensische Vorschriften auf den Facharztstandard abheben. Insgesamt verzögern sich in den Universitätsklinika viele Abläufe durch den überdurchschnittlich hohen Anteil von Ärzten in der Weiterbildung. Trotzdem nehmen die Uniklinika diese Verantwortung gerne und mit großem Engagement wahr. Alle wollen gute Ärzte, die Universitätskliniken bilden sie aus.

Notfallversorgung

Ein großes Ungleichgewicht herrscht bei der Versorgung von Notfallpatienten: Es gibt Krankenhäuser, die prinzipiell keine Notfälle behandeln. Andere behandeln wiederum nur selektiv zu bestimmten Zeiten. Wieder andere beteiligen sich nur in ausgewählten Fachdisziplinen oder nur in den Grenzen von klar definierten Fallkonstellationen, um ihre Vorhaltungen zu limitieren. Eine komplette Notfallversorgung rund um die Uhr über alle chirurgischen, internistischen und neurologischen Disziplinen bieten nur wenige der rund 2.000 Krankenhäuser in Deutschland an. Denn eine umfassende Notfallversorgung produziert hohe Vorhaltekosten. Universitätsklinika sichern 365 Tage im Jahr rund um die Uhr die Vor-Ort-Präsenz von Fachärzten aller Disziplinen ab. Notfälle werden interdisziplinär durch die jeweils notwendigen Experten untersucht und behandelt. Ob die Zahl der Fälle und damit die Summe der Entgelte aus Fallpauschalen, die Vorhaltekosten für fachübergreifend besetzte Notaufnahmen abdeckt, muss selbst für solche Krankenhäuser bezweifelt werden, die nicht wie die Uniklinika eine Maximalversorgung anbieten können. Die Unterschiede im Engagement für die Notfallversorgung müssten im Finanzsystem ausgeglichen werden. Ein solcher Ausgleich ist aber bislang nicht gelungen. Derzeit wird der Basisfallwert von knapp 3.000 Euro nur bei solchen Häusern um 50 Euro vermindert, die nachweislich überhaupt nicht an der Notfallversorgung teilnehmen. Es ist offensichtlich, dass damit der Zusatzaufwand für eine unfallchirurgische oder internistische Nothilfe, eine Schlaganfallstation oder ein Herzinfarktzentrum nicht annähernd beglichen werden kann. Das aktuelle System ermöglicht Krankenhäusern, sich einer defizitbringenden Leistung zu entziehen – sie muss dann von anderen, vor allem den Universitätsklinika, ohne angemessenes Entgelt vorgehalten und erbracht werden.

Seltene Erkrankungen

Seltene Erkrankungen sind meist genetisch mitbedingt und zurzeit häufig nicht heilbar. Deshalb bedürfen davon betroffene Patienten einer besonders zeitintensiven Zuwendung und einer aufwendigen Spezialdiagnostik. Da diese Krankheiten zumeist nur in kleinen Fallzahlen pro Krankenhausstandort anfallen, greift das diagnosebezogene Fallpauschalensystem nicht. Denn deren kalkulatorische Basis sind hinreichende Fallzahlen mit prüfbaren statistischen Verteilungen als Datengrundlage. Trotz der Finanzierung über den Paragraphen 116b des Sozialgesetzbuches gibt es ein Missverhältnis zwischen den erbrachten Leistungen und der Vergütung. Dabei komplett unberücksichtigt bleiben wichtige Angebote wie eine nicht nur bei stationären Aufenthalten benötigte spezielle Physiotherapie und psychosoziale Betreuung der Patienten. Derzeit werden diese Leistungen oft durch externe Geldgeber wie zum Beispiel gemeinnützige Stiftungen vorfinanziert. Politisch ist dieses Problem erkannt. Mit dem NAMSE-Prozess (Nationaler Aktionsplan für Menschen mit Seltenen Erkrankungen), der den Aufbau spezialisierter Zentren vorantreiben soll, wurde der richtige Weg eingeschlagen. Die Umsetzung steht aber derzeit noch aus.

Interdisziplinäre Krankenversorgungszentren

Moderne Hochleistungsmedizin ist fachübergreifend und lebt vom ständigen Innovationstransfer. Interdisziplinarität ist deswegen teuer, weil viele Spezialisten sich gleichzeitig mit einem Patienten beschäftigen, beispielsweise in Fallkonferenzen. Folge sind deutlich erhöhte Personalkosten. Der höhere Aufwand, der auch Koordination, umfassendes Qualitätsmanagement und eine lückenlose Dokumentation beinhaltet, schlägt sich in einer besseren Behandlungsqualität und damit verbunden auch Therapieergebnissen nieder. Trotz der gesetzlichen Regelung, für solche Behandlungszentren Zuschläge mit den Krankenkassen aushandeln zu können, gehen die Uniklinika hier meist leer aus. Denn die Vorgaben wurden bislang nicht angewandt oder die Kassen weigern sich, den echten und kompletten Zusatzaufwand für Dokumentationen, Fallkonferenzen, Beratungen und Zweitmeinungen, Auswertungen und Nachkontrollen zu erstatten. Damit bleiben gerade universitätsmedizinische Behandlungszentren für Krebs, Gefäßerkrankungen, Rheuma und seltene Erkrankungen unterfinanziert.

Aufgabenverbund Krankenversorgung, Lehre und Forschung

Nur die Hochschulmedizin geht im Verbund von Krankenversorgung, Lehre und Forschung mit entsprechendem Abstimmungs- und Organisationsaufwand mehreren Aufgaben gleichzeitig nach. So sichert die Hochschulmedizin mit ihren Professorinnen und Professoren sowie wissenschaftlich-ärztlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Ausbildung des ärztlichen Nachwuchses. Ca. 2.700 Studierende der Human- und Zahnmedizin umfasst die Hochschulmedizin in Marburg. So sorgt die  Hochschulmedizin in Marburg Jahr für Jahr im Aufgabenverbund von Krankenversorgung, Lehre und Forschung für ca. 280 gut ausgebildete neue Ärztinnen und Ärzte und ca. 60 gut ausgebildete neue Zahnärztinnen und Zahnärzte.

Weitere Informationen:

VUD: www.uniklinika.de und MFT www.mft-online.de

Kontakte:
Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH (UKGM)
Baldingerstraße
35042 Marburg

UKGM-Pressestelle:
Frank Steibli
Leiter Kommunikation und Pressesprecher
Telefon: (0641) 985-51020
Mobil: (0160) 7120456
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