Die Einführung eines Bachelors in der Medizin wird häufig damit begründet,
Ausgangslage:
Die Einführung eines Bachelors in der Medizin wird häufig damit begründet, dass approbierte Ärzte heute nicht mehr kurative Tätigkeiten als attraktive Berufsoption empfinden und in andere Berufsfel-der wechseln. Nach Untersuchungen der Bundesärztekammer (BÄK) gibt es dafür aber keine Hin-weise. Die Abwanderung der Ärzte in nichtkurative Bereiche liegt seit Jahren konstant bei 8,6 - 8,7 Prozent.
Auch die oft wiederholte Behauptung, dass fast die Hälfte der Studierenden das Studium nicht ab-schließt, ist falsch. Die Untersuchung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), aus der diese Einschätzung abgeleitet wurde, fragte lediglich Studierende unmittelbar vor der Abschaffung des Arztes im Praktikum (AiP), wer denn noch von ihnen die AiP-Zeit antreten würde. Daran hatten ver-ständlicherweise 41,6 Prozent der Studierenden kein Interesse mehr. Die Hochschul-Informations-System GmbH (HIS) ging der Schwundquote im Medizinstudium genauer nach und fand heraus, dass sie bei lediglich fünf Prozent liegt.
Problemlage:
Nicht tragfähig ist das Argument, dass die Einführung eines BA/MA Systems eine hohe Akademiker-quote mit vergleichsweise niedrigen Kosten erzielt, weil nicht alle Bachelorabsolventen den Master anstreben würden. Die Realität sieht anders aus: In der Schweiz machen 95 Prozent der Studieren-den nach dem BA den MA. Dies ist auch einleuchtend: Zwischen Experten besteht Einigkeit, dass der BA keinen berufsqualifizierenden Abschluss darstellen kann und eine „Employability“ nicht gege-ben ist. Das Medizinstudium hat sich in den „Bachelor-Ländern“ weder verkürzt noch „internationalisiert“.
Die Einführung zweistufiger Studiengänge ist in einer Betrachtung des Verhältnisses der Kosten zu dem erhofften Nutzen nicht sinnvoll. Bei einer Umstellung der vorhandenen Strukturen auf BA/MA-Abschlüsse würden zusätzliche finanzielle Belastungen entstehen. Diese sind hinsichtlich der ohne-hin knappen Ausbildungsressourcen nicht zu leisten. Die Zulassungszahlen sind in der Medizin strengstens durch das Kapazitätsrecht reglementiert und die Medizinischen Fakultäten mehr als aus-gelastet. Um eine Reform sinnvoll durchzuführen, müsste ein neues Kapazitätsrecht erarbeitet wer-den.
Es bleibt weiterhin die Frage, inwiefern der Quereinstieg aus anderen Fächern nach einem dort er-folgreich absolvierten BA-Studiengang gehandhabt werden soll. Diskutiert wird ein sog. Einstiegs-Bachelor für Kandidaten, die in den 2. Abschnitt des Medizinstudiums einsteigen ohne den Medizin-bachelor (1. Abschnitt) vorweisen zu können. Dies wäre der Wunsch von verschiedenen Berufsgrup-penvertretern der Gesundheitsfächer, die damit ihre Studiengänge aufwerten möchten. Jedoch muss geklärt werden, wie viel Zusatzaufwand nötig wäre, damit quereinsteigende Studierende den An-schluss fänden. Denn für jeden Arzt ist eine mindestens sechsjährige ärztliche Grundausbildung mit 5.500 Stunden Unterricht an einer Universität oder unter Aufsicht einer Universität innerhalb der EU vorgegeben. Diese universitäre Lehre sichert dauerhaft die Voraussetzungen für die Umsetzung des medizinisch-technischen Fortschritts in innovative Krankenversorgung.
Insofern wären BA/MA-Abschlüsse lediglich für nichtärztliche Berufe sinnvoll, da sie in der Human-medizin selbst kein berufliches Anwendungsfeld erkennen lassen. Außerdem würde hier mit dem Vertrauen der Patienten gespielt werden. So ist bereits jetzt „Bachelor of Medicine“ die Berufsbe-zeichnung des Arztes in z.B. Indonesien. Eine weitere Verbreitung dieses Grades würde zu Verwir-rung bei den Patienten führen.
Fazit:
Der Medizinische Fakultätentag fordert daher die Verantwortungsträger bei Bund, Ländern und Insti-tutionen auf, dafür Sorge zu tragen, dass die medizinische Forschung und Lehre und die damit un-trennbar verbundene ärztliche und zahnärztliche Ausbildung nicht mit ungeeigneten Ausbildungsmo-dellen gefährdet werden. Eine sorgfältige Prüfung der Ergebnisse der diesbezüglichen Bolognare-formen ist daher ebenso wie die Absicherung der Umstellungskosten - nach einem mindestens fünf-jährigem Moratorium - die Voraussetzung für etwaige Strukturänderungen der ärztlichen und zahn-ärztlichen Ausbildung.
Ansprechpartnerin:
Verena Wirwohl
– Ass. iur. –
MFT – Medizinischer Fakultätentag der Bundesrepublik Deutschland
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E-Mail: wirwohl@mft-online.de