Der VII. Innovationskongress der deutschen Hochschulmedizin in Berlin befasste sich mit Krisenmanagement in Universitätsklinika
Todesfälle durch ungeklärte Infektionen, Doping-Verdacht und Medien-Kampagnen wegen angeb-licher Behandlungsfehler: Wie schaffen es Universitätsklinika, schwere Krisen intern zu bewältigen und erfolgreich mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren? Der Innovationskongress der deutschen Hochschulmedizin in Berlin befasste sich am 15. Juli 2011 mit dem Management von Krisen-situationen. „Im Krisenfall muss die Klinikumsleitung entschlossen und professionell handeln“, er-klärte Dr. Andreas Tecklenburg, Vorstandsmitglied des Verbands der Universitätsklinika Deutsch-lands (VUD). „Durch Transparenz nach innen und außen sowie gute Kommunikation mit den Medien kann ein bleibender Imageschaden abgewendet werden.“
Ein vorbildhaftes Krisenmanagement lieferte im Sommer 2010 die Universitätsmedizin Mainz: Konsequente Aufklärung deckte die Ursache der tödlichen Infektion bei Frühgeborenen, einen Defekt in einer gelieferten Flasche, rasch auf. Die Öffentlichkeit war von Anfang an in den Aufklärungs-prozess einbezogen und stets umfassend informiert. „Der offene Umgang mit einem möglicherweise schuldhaften Verhalten wird von den Menschen als positiv empfunden“, berichtete Professor Dr. Norbert Pfeiffer, der als damaliger Vorstandsvorsitzender der Universitätsmedizin Mainz das Krisen-management verantwortete. „Dadurch sind wir gestärkt und glaubwürdig aus der Krise hervor-gegangen.“
Breite Aufmerksamkeit in den Medien fand 2007 der Skandal um die Beteiligung von Sport-medizinern des Freiburger Uniklinikums am Doping von Leistungsportlern. Auf die sukzessiven Ge-ständnisse der betroffenen Ärzte und Sportler reagierten Klinikum und Universität mit der Einsetzung einer Untersuchungskommission mit unabhängigen Experten, die umfassende Aufklärungsarbeit leistete, sowie der Entlassung der in den Doping-Skandal verstrickten Mitarbeiter, wie Professor Dr. Matthias Brandis, seinerzeit Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Freiburg berichtete.
Was tun wenn eine Landesregierung 25 Millionen Euro einsparen will und deshalb einen Medizin-studiengang schließen will? Die Universität Lübeck, deren Schicksal mit diesem Studiengang ver-knüpft ist, wollte das Verdikt nicht hinnehmen und machte mobil, wie ihr Präsident Dr. Peter Dominiak in Berlin berichtete. Unter dem Kampagnen-Motto „Eine Stadt sieht gelb“ gelang es mehr als 100.000 Lübecker und Unterstützer sowie die Medien in zahlreichen Aktionen zu mobilisieren und mit ihrer Hilfe die Landesregierung Schleswig-Holstein in die Knie zu zwingen. Die Rettung kam aus Berlin: Mit Hilfe einer Finanzrochade stellte das Forschungsministerium die nötigen Gelder bereit.
Sachliche Informationen reichen beim Krisenmanagement nicht aus, Emotionen müssen beachtet und genutzt werden. Im Fall des Universitätsklinikum Gießen/Marburg waren die umstrittene Privatisierung und die Verschmelzung der beiden Standorte Gießen und Marburg im Jahr 2006 der Nährboden für eine Kampagne, mit der die Klinikumsleitung noch heute zu kämpfen hat, wie der Ärztliche Direktor, Professor Dr. Werner Seeger berichtete. Niedergelassene Ärzte in Marburg skandalisieren per Internet und Medien angebliche Behandlungsfehler und heizen so die Stimmung gegen das Klinikum an.
Umfassende Bereitschaft zum Dialog mit Kritikern und ein Eingehen auf die Bedürfnisse der Medienwelt empfahlen Dirk Popp, Chef der PR-Agentur Ketchum-Pleon, und Dr. Arnd Schweitzer, Journalist beim „STERN“, den Verantwortlichen der deutschen Universitätsmedizin. Das Beispiel in Mainz hätte gezeigt, dass es sich lohne, schwere Probleme nicht im Verborgenen zu lösen und den konsequenten Weg einer offenen Informationspolitik zu gehen.
Der VII. Innovationskongress wurde am 14. und 15. Juli 2011 in Berlin gemeinsam vom Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD), dem Medizinischen Fakultätentag (MFT) und der Arbeits-gemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) veranstaltet.
Experten aus der Hochschulmedizin diskutierten aktuelle Themen mit hochrangigen Vertretern aus Gesundheitswesen und Wissenschaft: Welche Rahmenbedingungen braucht die Universitätsmedizin in Deutschland, um ihre hohe Leistungsfähigkeit zu erhalten? Wie sollten sich Bund und Länder künftig finanziell und in der Gesetzgebung engagieren? Dabei stand die prekäre finanzielle Förderung der Universitätsmedizin im Mittelpunkt.
Informationen zum Kongress und Presseunterlagen: www.uniklinika.de
Deutsche Hochschulmedizin e. V.
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Belegexemplar erbeten